Der Wolf wirft seinen dunklen Schatten voraus

(gsp) Wie sehr der Wolf heute wieder die Gemüter bewegt, war selbst beim 44. Treffen der EuRegio Salzburg-BGL-Traunstein zu erleben. Es ging dabei schlicht um die Frage, ob wir dem Wolf hier in den Alpen Raum geben. Am Ende der Tagung stand eine Resolution, die dies sehr stark einschränken möchte. Mit nur einer Gegenstimme wurde sie verabschiedet. Zuerst aber verdeutlichte Gregor Grill von der Landwirtschaftskammer Salzburg in seinem Referat „Große Beutegreifer am Beispiel Wolf“ die aktuelle Entwicklung und Hintergründe.

Gregor Grill von der Landwirtschaftskammer Salzburg sieht die Ansiedelung von Wölfen als höchst problematisch an. – Fotos. Gerd Spranger

Das größte Problem liege in der kleinen Größe der landwirtschaftlichen Betriebe, von denen der Großteil im Nebenerwerb geführt wird,  im Salzburger Land sind es bis zu 94 Prozent (Tennengau). Die Tiere sind im Sommer auf der Alm, im Herbst und Frühjahr im Tal und im Winter im Stall und hier vermehrt im offenen Laufstall. „Wie soll da ein Bauer, der sich mit der ganzen Familie neben seiner Arbeit um die Tiere und den Betrieb kümmert, da seine Tiere vor dem Wolf schützen?“ fragt Gregor Grill. 1700 Almen gibt es im Bundesland Salzburg mit einer Fläche von 170.000 Hektar.

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Der Schaden sind nicht die gerissenen Tiere an sich, denn er wird ersetzt. Es sei die permanente psychische Belastung, denn „der Wolf kann immer wieder kommen und überall. Ob im Tal oder oben auf der Alm. Da schläfst du als Bauer keine Nacht mehr ruhig“, unterstellt Grill. Direkte Folge davon wird sein, dass viele kleine Betriebe ganz einfach ihren Betrieb einstellen, die Almen offen lassen und die Almlandschaft, wie wir sie heute kennen, werde es nicht mehr geben. Im Salzburger Land werden aktuell 168.000 Rinder in 6.700 Betrieben gezählt, was einem Bestand von 25 Rindern pro Betrieb entspricht.

Noch aber ist es nicht so weit. In Österreich wurden bislang nur sehr wenige Wölfe gesichtet und auch nur sehr wenige Tiere ein Opfer des Wolfes. Aktuell zähle die Wolfspopulation in ganz Europa 18.000 bis 25.000 Tiere, im gesamten Alpenraum 300 bis 400 Wölfe. Bei geringer Mortalität (durch Bejagung) aber verdoppele sich ihre Zahl innerhalb von drei Jahren, so dass es im Jahr 2024 bereits 1500 Wölfe im Alpenraum geben könnte und im Jahr 2027 schon 3000 Tiere. „Um einen Bestand von 1000 Tieren stabil zu halten, braucht es eine Entnahme (durch Bejagung) von jährlich 300 Stück. Das aber könnte zu einem echten Problem werden, denn der Wolf ist ein schlaues Tier, und aktuell ist seine Bejagung ja grundsätzlich verboten, er ist ein streng geschütztes Tier.

Mag. Dr. Hubert Stock ist Wolfsbeauftragter vom Land Salzburg

Letztlich gehe es auch um die gesellschaftliche Akzeptanz und um die Sicherheit von Touristen. Werden Herden etwa von einem ausgebildeten Hund bewacht, so reagiert er mitunter sehr aggressiv auf seine Artgenossen, auch wenn diese an der Leine geführt werden.

Als natürliche Grenze bezeichnet Gregor Grill acht Wölfe in einem Rudel auf 25 Hektar. Der Nahrungsbedarf läge dabei bei 160 Rehen, 22 Rotwild und 40 Stück Schwarzwild. „Dabei muss sich der Wolf in der freien Natur seine Beute erst erjagen. Also suchen, belauern, jagen, stellen, töten und dann fressen. Im Gegensatz dazu findet er bei den Nutztieren leichte Beute.“ Noch ist das Wolfproblem kaum vorhanden, in Deutschland etwa wurden im Jahr 2016 lediglich 135.140 Euro an Ausgleichszahlungen für wolfsverursachte Schadensfälle bezahlt. Für die Prävention beliefen sich die Ausgaben auf 1,1 Millionen Euro. In Frankreich wurden im gleichen Zeitraum bereits über 24 Millionen für Entschädigung und Prävention ausgegeben. 2017 verzeichnete man eine Steigerung von 13 Prozent und mehr als 90 Prozent der Übergriffe richten sich gegen geschützte Herden.

EuRegio-Präsident Konrad Schupfner stimmt für die Resolution

Prävention ist überhaupt das große Thema all jener, die eine Ansiedelung des Wolfes befürworten. Wie aber wolle man große Almgebiete einzäunen oder scharfe Herdenhunde unter Kontrolle halten? Soll man für ein paar Stück Vieh auf der Alm jetzt eigene Schäfer einstellen? Wer bezahlt das? Der Bauer im Nebenerwerb? Schon jetzt habe der Aufwand an Bürokratie seine Grenzen erreicht. „Da verliert auch der fleißigste Bauer den letzten Funken an Motivation seinen kleinen Betrieb weiter zu führen“, weiß Grill aus vielen Gesprächen mit Berufskollegen, denn der Diplom-Ingenieur führt selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb.

Sehr emotional äußerte sich der Almbauer Kuchlbauer aus der Ramsau. Es gehe gar nicht an, dass hier Wölfe heimisch werden. Was soll mit dem Vieh auf der Alm geschehen? Werden einige Tiere angefallen, haben sie viel Leid vor sich. „Bis jemand auf die Alm kommt, und sie mit einem ‚Gnadenschuss‘ erlöst, kann es Stunden dauern. Überhaupt kann ich es der über 80jährigen Oma nicht zumuten, unter solchen Bedingungen auf der Alm zu sein, und meinen Kindern möchte ich den Anblick von zerfetzten Schafen ersparen. Auch Touristen werden Wolfsgebiete mit Sicherheit meiden. Das ist eine Kriegserklärung an alle Almbauern“, ereifert er sich.

EuRegio-Geschäftsführer Steffen Rubach.

Sachlich äußerte sich Mag. Dr. Hubert Stock als Wolfsbeauftragter vom Land Salzburg. „Ein Herdenschutz funktioniert bei uns nur sehr bedingt, man kann das mit der Schweiz nicht vergleichen. Eine Entnahme (Abschuss) muss möglich sein. Auch haben wir noch keine Erfahrungen, wie sich die Tiere entwickeln, wenn sie den Menschen nicht fürchten müssen. In der Vergangenheit ist der Wolf vom Menschen ja mit allen Mitteln bekämpft worden.“

Hier geht’s zur
Resolution der Euregio

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