
BGLT-Geschäftsführer Peter Nagel im Gespräch mit der Redaktion
(gsp) Die Eröffnung der Bergstation Jennerbahn am zweiten Juni-Wochenende mit deutlich verbilligten Fahrkarten führte zu einem ungewohnten Besucheransturm. Über viele Stunden hinweg bildeten sich lange Warteschlangen für die Bergfahrt, und es ging im Minutentakt nonstop in den großen Zehner-Gondeln auf den Jenner. Der große Parkplatz war bereits um elf Uhr voll besetzt und die für 300 Besucher ausgelegte Restaurant-Terrasse ab zehn Uhr. Auf der Wanderung zum Gipfel, der 74 Höhenmeter über der Bergstation liegt, drängten sich die Menschen bergauf wie bergab. Es war einerseits für die Bergbahn und das gastronomische Team um Thomas Hettegger von der Jenneralm GmbH eine echte Belastungsprobe, anderseits aber bekam man eine sehr klare Vorstellung davon, was den Massentourismus, gedrängt auf wenige Kilometer, so problematisch macht.
Zu viele Touristen in Berchtesgaden?

Die Redaktion hat sich mit Peter Nagel, Geschäftsführer der BGLT-Tourismus bei der Eröffnung der Jenner-Bergstation eingehend darüber unterhalten. Von einem ‚Overtourism‘, also eine das gesunde Maß überschreitende Zahl an Gästen, möchte Peter Nagel im Berchtesgadener Land nicht sprechen, räumt aber ein, „dass es einige Spitzen gibt“. So will der Touristiker auch nicht die Gästezahlen erhöhen, sondern mehr Wertschöpfung erreichen und die Dauer der Übernachtungen von 3,5 auf fünf bis sechs Tage steigern. Gerne spricht er von einer ausgewogenen Balance im touristischen Geschäft, auf den Tagestouristen, wie er typisch für den Jenner und auch den Königssee ist, ging Peter Nagel konkret nicht ein. Dabei strömen aus dem Berchtesgadener Land während der Saison ebenso tausende von Touristen nach Salzburg wie umgekehrt aus dem Salzburger Land zu den bayerischen Sehenswürdigkeiten.

Kann man die Besucher besser lenken?
Er denkt über eine Steuerung der Touristenströme nach. „Über Zwang geht so etwas nicht, ein wenig über zeitliche Beschränkung und über Eintrittspreise“, sinniert er. „Besser ist es, den Besuchern Alternativen zu bieten und das zeitnah.“ Um dies konkret zu machen nennt Peter Nagel ein Beispiel: „Fährt etwa ein Besucher in Piding von der Autobahn, so muss er bereits am Gablerknoten in Bad Reichenhall informiert werden, dass am Königssee alle Parkplätze belegt sind. Wir müssen ihm Alternativen anbieten.“ Konkret nannte er etwa das Ausweichen auf den Hintersee, zu den anderen Bergbahnen im Landkreis oder sogar darüber hinaus, wie etwa nach Lofer. „Genau das meine ich, wenn wir über den eigenen Kirchturm, die eigene Gemeinde und Region hinaus denken müssen.“
Bessere Absprache bei Aktionen

Noch ein zweites Anliegen ist dem Chef der BGLT-Tourismus wichtig. „Zwischen den beteiligten Partnern vor Ort ist eine bessere Absprache nötig“, sagte er und gab ein weiteres Beispiel: „Wenn wir etwa Gäste aus Italien werben, dann können im Sommer nicht um 22 Uhr die meisten Gaststätten geschlossen sein. Der Italiener hat ein anderes Lebensgefühl, bei ihm beginnt der vergnügliche Teil ‚des Tages‘ häufig erst nach 21.00 Uhr und dauert an lauen Sommerabenden bis weit nach Mitternacht, zumal er in Urlaubsstimmung ist. Enttäuschen wir hier, dann fahren wir bei dieser Zielgruppe in den nächsten Jahren ein deutliches Minus ein, und das können wir nicht wollen, es wäre der Marke Berchtesgaden sehr abträglich.“
Kommt ein Wechsel der Perspektiven?
Die BGLT mit Peter Nagel und Dr. Brigitte Schlögl an der Spitze, arbeitet aktuell an einem Positionspapier mit dem Titel „Perspektivenwechsel, Ziele und Maßnahmen für die Zukunft“. Es soll in wenigen Wochen in der Gesellschafter-Versammlung vorgestellt werden. Man darf gespannt sein, in welche Richtung sich der Tourismus im Berchtesgadener Land weiterentwickeln wird. Franz Rasp, Vertreter des Hauptgesellschafters Tourismusregion Berchtesgaden-Königssee, sieht in der Fortsetzung des Markenprozesses den richtigen Weg.

