21 Jahre Padinger Alm – 12 Jahre Niederalm – 11 Jahre Kammerer-Bräu
40 Jahre lang führten Ulrike und Johann Wallner selbständig vier Gastronomiebetriebe. Angefangen haben sie in Lauter bei Traunstein, ehe sie 1987 die Padinger Alm in Bad Reichenhall übernahmen und diese bis 2008 führten. Von 2006 bis 20018 dann die Niederalm und ab 2011 das Kammerer-Bräu. Jetzt sind sie in den Ruhestand gewechselt und Simon Müller führt die Gaststätte Kammerer-Bräu als Pächter der Brauerei Wieninger weiter. Die Redaktion hat sich mit Ulrike und Johann Wallner unterhalten, wie sie ihre gastronomische Zeit im Rückblick bewerten.
Die „goldenen Jahre“ der Stadt
„Die 80er-Jahre zählten in der Kurstadt noch zu den „goldenen Jahren“, in denen das Geschäft mit Privatvermietern und kleinen Pensionen sehr gut lief. Es war die Zeit der „Offenen Badekur“, die ab 1989 stark zurückgefahren wurde. Wir spürten es damals auf der Padinger Alm sehr deutlich. Etwa ein Viertel unserer Gäste waren eben jene, die in Bad Reichenhall eine offene Badekur verschrieben bekommen hatten. Sie mussten erst gegen 22.00 Uhr wieder in ihrem Quartier sein“, erinnert sich Ulrike. Bad Reichenhall zählte in jenen Jahren bis zu 1,5 Millionen Übernachtungen. Der Einschnitt wird allein daran deutlich, dass sich die Zahl der Gäste und Übernachtungen in den nächsten zehn Jahren halbierte. Bad Reichenhall musste sich touristisch neu aufstellen.

Doch auch das Verhalten der Gäste änderte sich. „Die Geselligkeit der früheren Jahre, in denen man lange zusammensaß und auch mal das eine oder andere Glas Wein oder Bier mehr bestellte, neigte sich dem Ende zu. In der Padinger Alm waren zudem die Nebenkosten hoch, denn das Gebäude ist alt und die Technik war auch damals bereits nicht auf dem aktuellen Stand, was hohe Energiekosten verursachte,“ erinnert sich Ulrike Wallner. „Ja, und auch die Umstellung auf den Euro bekamen wir zu spüren“, ergänzt Johann Wallner. „Viele Gäste rechneten die Europreise immer zuerst in die alte Währung, in Deutsche Mark (DM) um, man hatte das eigene Budget mehr im Blick. Auch die Bergsteiger rechneten nach. Kehrte man früher oben auf dem Staufenhaus und nach dem Abstieg noch einmal auf der Padinger Alm ein, so sparten jetzt viele an einer zweiten Einkehr.
Firmen brachten guten Umsatz
Mit dem Wechsel zur Niederalm übernahm die Familie Wallner einen modernisierten und ebenfalls gut eingeführten Betrieb „über den Dächern von Bad Reichenhall“. Neben Einheimischen, Wanderern und Ausflugsgästen entwickelte sich das Geschäft mit Firmenfeiern gut. „Wir hatten gute mittelständische Betriebe aus dem Chiemgau und dem Berchtesgadener Land mehrmals im Jahr zu Gast.“ Johann Wallner nennt spontan die Siemen und Bosch (Traunreut), Bergader, Reber und Kiefel. Strenge Auflagen des Fiskus aber „schränkte die Möglichkeit der Abschreibung stark ein, so dass sich auch dieser Bereich rückläufig entwickelte“, so Wallner.
Die touristische Flaute, sinkende Umsätze und andere Entwicklungen wirkten als schleichender Prozess und fanden ihren Niederschlag in der Gastronomie. Viele alte Nonner Betriebe, wie etwa der Gablerhof, das Alpenhotel Fuchs, die Graue Katz , zuletzt der Listwirt, die Padinger Alm und andere Ausflugslokale in der Region sperrten für immer ihre Türen zu. „Ebenso wirkte sich das Rauchverbot und strenge Kontrollen und Grenzen beim Alkohol als Stimmungsbremse aus, und so machen es sich viele Menschen zunehmend zuhause gemütlich“, resümiert Ulrike Wallner. Die Jahre der Corona-Pandemie haben diesen Prozess weiter vertieft.
Wie bereits bei der Übernahme der Niederalm, pachtete die Familie bereits 2011 das Kammerer-Bräu und führte beide Betriebe mit den drei erwachsenen und gastronomisch ausgebildeten Kindern sieben Jahre lang parallel zueinander. „Dabei setzte natürlich die gute Innenstadtlage des Kammerer-Bräu in Bad Reichenhall andere Rahmenbedingungen,“ erinnert sich Ulrike Wallner und ergänzt rückblickend zur Niederalm: „Für Ausflugsgaststätten gilt ganz allgemein, dass sie an guten sonnigen Tagen, vor allem an den Wochenenden, gute Geschäfte machen, bei Regenwetter unter der Woche aber bleiben die Gäste aus. Es ist kein leichtes Geschäft.“ So war es dann 2018 an der Zeit, sich von der Niederalm nach derm Vertragstende zu trennen und sich ganz auf das Kammerer-Bräu zu konzentrieren.
Mit dem Kammerer-Bräu in Bad Reichenhall übernahmen die Wallners nun einen gut eingeführten Traditionsbetrieb mit dem Ambiente einer Braugaststätte. Für die hohe Qualität einer guten deutschen Küche mit einigen österreichischen Akzenten sorgte Küchenmeister Johann Wallner mit Küchenchef Stefan Günther und für den laufenden Betrieb Ulrike Wallner. Ihnen zur Seite standen die Kinder und viele langjährige Mitarbeiter, etwa Toni Cora, der Blitz aus Kitz, wie ihn viele Stammgäste gerne nannten.
Dank des ansprechenden Ambientes, der guten Lage und einer konstant guten deutschen Küche fand das ‚Kammei‘, wie es die Einheimischen nennen, eine wachsende Zahl treuer Stammgäste und so hören Ulrike und Johann mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf. Dabei spricht Johann ein klares Bekenntnis zur deutschen Küche aus:
Bekenntnis zur deutschen Küche
„Die vermeintlich leichtere südliche Küche wird über- und die deutsche Küche unterschätzt. Italienische Nudelgerichte mit kalorienreicher Soße, auch bestens zubereitet, sind eben keine leichte Küche. Anderseits ist ein zartes Stück Fleisch vom Rind, Schwein oder Pute mit Gemüse und Salat kein Kalorien-Schwergewicht. Und natürlich kann eine Pizza bei niedrigem Wareneinsatz und schneller Zubereitung günstig angeboten werden. Ein Schweine- oder Rinderbraten aber braucht einige Stunden im Ofen und hat bei guter Qualität bereits im Einkauf seinen Preis. Für ein perfektes Geschmackserlebnis braucht es dazu noch eine frisch zubereitete Bratensoße.“
„Ja, auch im Kammererbräu erlebten wir in den letzten zehn Jahren einen Wandel sowohl bei den Mitarbeitern wie auch bei den Gästen. Die jungen Menschen möchten heute ihre freien Wochenenden haben und keinen Teildienst leisten. Das ist zwar grundsätzlich zu verstehen, doch in der Saison geht es ohne nicht. Und auch gegenüber den Gästen ist manche junge Servicekraft überfordert und fühlt sich schnell ‚von der Seite angesprochen‘, wenn vom Gast mal eine ungewöhnliche Bemerkung kommt. Sie wissen damit nicht mehr umzugehen.“
Johannes Hofmann, Dehoga-Kreisvorsitzender dankte der Familie für ihr Engagement bei der Ausbildung. „Gelebte Gastlichkeit war euer Anspruch die ihr tatkräftig und überzeugend im Sinne bester bayerischer Gastlichkeit umgesetzt habt.“
Angesprochen auf die endgültige Schließung der Padinger Alm als Ausflugsgaststätte nach ihrem Verkauf winkt Ulrike Wallner ab. „Die Stadt Bad Reichenhall hatte dreimal die Chance, die Straße hinauf zur Alm zu erwerben und hat jedesmal abgelehnt. Dass ein privater Besitzer dann diese Bürde nicht mehr auf sich nehmen mag, kann nicht weiter verwundern.“ Bedanken möchten sich die Wirtsleute Ulrike und Johann Wallner bei allen Familienmitgliedern, langjährigen Mitarbeitern, Gästen, Freunde und Bekannte.