Schafft der ÖPNV einen Durchbruch?

Ist eine Verkehrswende um jeden Preis sinnvoll?

Das Ringen um eine verbesserte Mobilität im Berchtesgadener Land ist alt. Etwa wenn es um die Verkehrsentlastung geht, wie das seit 50 Jahren schwebende Projekt einer Ortsumfahrung für die Alpenstadt Bad Reichenhall über einen Kirchholz- und Stadtbergtunnel belegt. Zuletzt war es auf Landkreisebene im Mobilitätskonzept aus dem Jahr 2018 zu finden. Grundsätzlich wurde es dort zwar empfohlen, doch der Landkreis legt ganz andere Schwerpunkte.

Schilderwald für Radwegenetz

Er widmet sich dem ÖPNV (Öffentlichen Personen-Nahverkehr) oder etwa dem Ausbau von Radwegenetzen und hat dafür bereits 175.000 Euro investiert. An 1135 Standorten wurden im Landkreis ganze 2.600 Wegweiser und 1.900 „Signets“ installiert, soweit von den gemeindlichen Bauhöfen der Auftrag dazu bereits umgesetzt wurde. Eine ganz andere Frage aber ist, schafft der ÖPNV einen Durchbruch bei der Verkehrswende?

Schafft der ÖPNV einen Durchbruch bei der gewünschten Verkehrswende? Foto: Gerd Spranger

„Verkehrsfreundliches Gutachten“

Ein 33.000 Euro teures Gutachten gab der Landkreis Berchtesgadener Land im Jahr 2021 in Auftrag. Zielsetzung ist öffentliche und umweltfreundliche Verkehrsmittel wie Rad, Bus und Bahn attraktiver zu machen. Das Gutachten listete 47 Verbesserungsmaßnahmen auf. Ausgehend von den drei Hauptbahnhöfen (Berchtesgaden, Bad Reichenhall, Freilassing) sollen service-orientierte Mobilitätsstationen entwickelt werden. Ein Durchbruch beim ÖPNV?

Teurer Nahverkehrsplan

Richtig ans Budget geht es bei der Umsetzung eines Nahverkehrsplanes. „Wenn alle Maßnahmen umgesetzt werden, so muss der Landkreis dafür jährlich vier Millionen Euro aufbringen, kann aber mit 60 Prozent Förderung rechnen und den Einnahmen aus dem Ticketverkauf,“ informiert das Landratsamt. Randgebiete sollen durch die Einführung von „Rufbussen“ erschlossen werden und auch über die Grenze nach Salzburg strebe man einen 30-Minuten-Takt an. Schafft der ÖPNV einen Durchbruch?

Stundentakt und Wartezeiten

Konkret sollen jetzt Verbesserungen des ÖPNV in der Mitte und im Norden des Landkreises auf den Weg gebracht werden, informierten Verkehrsmanager Johann Wick und der Leiter der Stabsstelle, Manuel Münch, vom Landratsamt. Die Busse der Linie 829 sollen künftig stündlich von Bad Reichenhall über Piding und Anger nach Teisendorf verkehren. An Feiertagen und den Wochenenden soll mittels Kleinbussen ein Zwei-Stunden-Takt angeboten werden. Ebenso richten sich die Fahrzeiten an den Abfahrtszeiten der Züge am Bahnhof in Teisendorf in Richtung München und Salzburg. Wartezeiten von 15 Minuten inklusive.

950.000 Euro Auftragsvolumen

Auch in Freilassing passt man die Busse an den An- und Abfahrtzeiten der Züge an. Betroffen sind die Linien 852 und 853 nach Laufen. Bei jeder der Buslinien wird ein Mehraufwand von 50.000 Kilometer im Jahr unterschritten, so dass eine vereinfachte Umsetzung möglich ist, informieren die Verkehrsexperten. Dennoch aber müssen die Buslinien europaweit ausgeschrieben werden. Bei der Strecke von Bad Reichenhall nach Teisendorf beträgt das Auftragsvolumen über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg 583.000 Euro und für die Strecken nach Laufen 368.000 Euro. Hohe Investitionen für einen Durchbruch bei den ÖPNV.

Der private PKW soll weg

Viel Geld also für Bus und Bahn im Berchtesgadener Land. Es soll eine Verkehrswende weg vom privat genutzten PKW begünstigen. Ob es im ländlichen Raum aber tatsächlich gelingt, wird die Zukunft zeigen. Auch bei bestens ausgebauten ÖPNV-Netzen bleiben starre Abfahrtzeiten und bei einem Wechsel etwa auf die Bahn zusätzliche Wartezeiten. Und wie sagte bereits Benjamin Franklin vor 250 Jahren: „Zeit ist Geld“. Dazu kommt noch ein gutes Stück Bequemlichkeit und Autonomie, die man nicht gerne missen mag.

Die Frage: „Schafft der ÖPNV einen Durchbruch“ ist darum gerechtfertigt. Und wenn er es eben nicht schafft, dann sind auch die hohen Ausgaben das Landkreises dafür zu hinterfragen. Es gibt auch andere uns sehr dringliche Aufgaben, die der Landkreis Berchtesgadener Land für die Bürger zu bewältigen hat. Ein positives Signal setzte der Kreistag mit einem Aufschub eines neuen Verwaltungsgebäudes, sprich Landratsamt. Dafür aber wird auch 2023 immer noch streng überwacht, wer das Gebäude betritt. Man weiß sich vor dem Bürger zu schützen.

ÖPNV ein Zeitkiller

Bei allen Überlegungen und Argumenten zum ÖPNV wird die Fußstrecke von der Haltestelle hin zum Wunschziel unterschlagen. Das können in beide Richtungen jeweils 15 Minuten und mehr ausmachen. Plus der Wartezeiten auf den Bus und bei einer gewünschten Anschlussverbindung summiert sich der Zeitaufwand schnell auf eine Stunde, auch bei Kälte und Nässe.

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