– Integrationskonferenz des Berchtesgadener Landes
– Respekt vor dem Anderssein und vor dem Leben
(gsp) Zur zweiten Integrationskonferenz des Landkreises trafen sich am Freitag die an diesem Prozess beteiligten Organisationen und Vereine. Es war darum auch die Integrations-Lotsin Astrid Kaeswurm, zu deren Aufgabe die Vernetzung der regionalen Akteure zählt, die die zahlreichen haupt- und ehrenamtlich Tätigen begrüßte. Sie erklärte den Wandel bei den Aufgaben der Integration von Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Beweggründen und Ländern in Deutschland um Asyl angesucht haben. „Standen in den Jahren 2015 und 2016 die Unterbringung und Betreuung im Focus, so sind es heute die Bereiche Wohnen, Schule und Ausbildung“, erklärt die Integrations-Lotsin.

Für das Berchtesgadener Land bewertete sie die Situation positiv und sprach im Hinblick auf die christlichen und kulturellen Werte von einem Schatz, zu dem auch das Ehrenamt zähle. Der stellvertretende Landrat Rudolf Schaupp bezog sich auf den Buddhisten Dalai Lama, der den Respekt vor dem Anderssein und vor der Vielfältigkeit des Lebens als unabdingbare Voraussetzung für den Frieden bezeichnete. Schaupp hob vor allem das Engagement der Spotvereine hervor, aber auch Einrichtungen wie Büchereien, VHS, BFZ, Jobcenter bis hin zur Stiftung von Max Aicher. „Der Unternehmer war einer der ersten im Landkreis, die sich aktiv für die Migranten einsetzten“, bekräftigt der stellvertretende Landrat. Unverzichtbar aber sind auch die Blaulicht-Organisationen, und künftig wird es verstärkt die landkreiseigene Wohnbau sein, wenn es um die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum gehe.

In ihrem Gastvortrag sprach die Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, MdL Gudrun Brendel-Fischer, über Herausforderungen in der Integrationsarbeit und betonte zunächst die Pflege der Heimat, eben dort, wo man sich wohl fühle. Ein wichtiger Schlüssel zur Integration sei dabei der Austausch und die Vernetzung, vor allem aber die Jugendverbandsarbeit. „Hier wird den jungen Menschen Haltung und Orientierung gegeben, ob beim Fußball, der Feuerwehr oder in kirchlichen Organisationen. Integration ist interessant, darf uns nicht gleichgültig sein und ist ein beständiger Prozess“, bekräftigte sie. In diesem Zusammenhang bedauerte sie, dass etwa die Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale noch nicht erhöht werden konnte. „Wir müssen dieses Ehrenamt noch viel mehr fördern“, fordert Brendel-Fischer, „allerdings nicht monetär“, schränkte sie ein.

„In Bayern werde die Integrationsarbeit deutlich besser gefördert wie insgesamt bundesweit“, gab sich die Abgeordnete selbstbewusst. Und die Zahlen würden den Erfolg bestätigen. „Von 2016 bis 2018 haben sich die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse von 28.000 auf 54.000 gesteigert. Die Teilnahme von Menschen mit Fluchthintergrund am Bayerischen Arbeitsmarkt nahm damit in zwei Jahren um über 95 Prozent zu“, führte sie aus, und man müsse diesen Weg weiter gehen.
„Frauen sollen sich ebenfalls mehr qualifizieren, denn bislang sind es vor allem Männer, die sich beruflich qualifizieren und integrieren. Dabei sind Frauen immer der Schlüssel rund um die Familie. „Wir müssen darum genau hinsehen, welche Tätigkeiten von Frauen auch innerhalb ihres Kulturkreises akzeptiert werden“, folgerte die Integrationsbeauftragte. Es sei darum ein denkbarer Weg, die Hürden von beruflicher Qualifikation zu senken und im Bereich von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten Möglichkeiten zu schaffen.

Als ein gelungenes Projekt bezeichnete sie die speziellen Sprach-Förderklassen, bis hin zu Berufs-Integrationslassen als Grundvoraussetzung für einen schulischen Erfolg, denn Sprache und Bildung bleiben der Schlüssel zur Integration. Sie bedauerte dabei auch das Misstrauen vieler Eltern von deutschen Kindern, die eine Benachteiligung befürchten, wenn mehrere Kinder ohne gute Deutschkenntnisse in der Klasse sitzen. Es dominiere die Sorge, dass man mit dem Stoff dann nicht schnell genug voran käme und die eigenen Kinder dadurch Nachteile hätten. Eltern seien so schnell verunsichert, bedauert sie.
Von einer gelungenen Integration zeugte eine kleine Theatergruppe aus der ersten Klasse vom Max-Aicher Bildungszentrum unter der Anleitung des Lehrers Thomas Kadereit. Mit einfachen Wortspielen verdeutlichten die Akteure Herausforderungen der deutschen Sprache. So habe ein Stuhlgang eben nichts mit einem Stuhl zu tun und ein Menschenauflauf nichts mit Gemüse. Selbst ein Mann, wie er im Buche steht, muss kein Literat sein und gleiches gelte für einen Armleuchter. Zu Beziehungsproblemen komme es mitunter schon bei der Entscheidung, ob eine Fahrt nun ins Grüne oder lieber doch ins Blaue unternommen werde. Dabei unterscheide es sich, ob man letztlich die Nase voll habe oder alles in in Butter sei. Schwein gehabt, mögen manche denken ohne dabei gleich ein Schwein zu haben. Und treulose Tomaten begegne man immer wieder.

Für Emotionen und ein wenig ‚Gänsehautfeeling‘ sorgte Christina Hobmaier mit Lied und Gitarre. Sie sang vom sich Mut machen und nicht aufgeben. Von der Entscheidung für die Liebe und den Frieden. Darauf, auf das eigene Herz zu hören, denn wir Menschen sind es uns wert. Dabei gelte es, Wut und Ängste abzulegen und im Alltag nicht wegzusehen. Ein engagiertes Lied mit einem Appell an die Zivilcourage und die Nächstenliebe.
An diesem Tag war auch Gelegenheit, sich an den im Foyer und Treppenaufgang verteilten Ständen direkt über die Arbeit der Vereine und Organisationen zu informieren.
