(gsp) Im zähen Ringen um eine Ortsumfahrung für Bad Reichenhall hat jetzt das Staatliche Bauamt Traunstein für Klarheit gesorgt. Die von der Stadt vorgelegten vier Alternativen zur bereits im Planfeststellungsverfahren verankerten Ortsumfahrung Kirchholztunnel und Stadtbergtunnel fallen im Vergleich durch, und zwar eindeutig.
Baudirektor Christian Rehm zog in der außerordentlichen Stadtratssitzung im Alten Königlichen Kurhaus in Bad Reichenhall vor den Stadträten und etwa 200 Besuchern der Sitzung ein klares Fazit, nachdem Bernadette Wallner, ebenfalls vom Staatlichen Bauamt Traunstein, die relevanten Zusammenhänge und Aspekte ausführlich dargestellt hatte.

„Bei allen ausgewerteten, für die Ortsumfahrung relevanten Parameter, ergibt sich ein eindeutiges Bild“, führt Rehm aus. Zunächst sei grundsätzlich festzuhalten, dass es sehr zweifelhaft ist, ob man für die vorgeschlagenen vier Varianten der Stadt Bad Reichenhall überhaupt ein Baurecht bekommt. Darüber hinaus besteht ein hohes Risiko bei der Einstufung im Bundesverkehrswegeplan 2030. „Es könnte zu einer völligen Neubewertung des gesamten Projektes mit ungewissem Ausgang kommen“, führt der Baudirektor aus.
Die Tunnelvarianten im Bestand und in der Saalachau erfüllen zudem die Voraussetzungen für eine Genehmigung nicht. Entscheidend sei der Variantenvergleich, und hier drängt sich die Ortsumfahrung über den Kichholz- und Stadtbergtunnel eindeutig auf. „Es besteht darum keine reelle Chance auf Zustimmung durch das Bundesministerium für Verkehr (BMVI)“, so Christian Rehm weiter. „Die aktuelle Einstufung im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegplanes ist nicht übertragbar.“

Mit einer „Ampelbewertung“ wog das Staatliche Bauamt Traunstein jeden einzelnen Teilbereich im Vergleich der vier von der Stadt vorgelegten Alternativen zur Ortsumfahrung Kirchholztunnel und Stadtbergtunnel ab. Es ging konkret um die Variante X, den so genannten Auentunnel entlang der Saalach und um einen Ausbau im Bestand der jetzigen Umgehungsstraße, der B20 und B21 um Bad Reichenhall herum. Hier wurden drei Varianten eingereicht, nämlich ein Ausbau mit einer oder mit zwei Tunnelröhren und einer Trennung von B20 und B21 auf zwei Ebenen, also im Tunnel die B21 und oben verlaufend die B20.
Dabei wurde schnell deutlich, dass eine leistungsfähige Entlastungsstraße erhalten bleiben muss, damit bei Wartungsarbeiten oder unfallbedingten Sperrungen des Tunnels der Verkehr ausweichen kann. Auch ist während der Bauzeit neben der jetzigen Umfahrung eine Ausweichstraße nötig, denn der gesamte Verkehr kann nicht einfach über Jahre durch die Stadt geführt werden. Allein diese Umstände führen bei einem Ausbau im Bestand schon zu einer negativen Bewertung. Erschwerend ist noch die Grundwassersituation, die sich bei einer Tunnelbauweise in diesem Bereich auswirkt. „Wir müssen dann ‚im Wasser bauen‘ und erst nach der Trockenlegung kann mit der eigentlichen Tunnelröhre begonnen werden. Das ist zeit- und kostenintensiv“, führt Bernadette Wallner aus. Weitere grundsätzliche Erfordernisse sprechen gegen die Alternativ-Varianten einer Ortsumfahrung, wie sie die Stadt Bad Reichenhall vorgeschlagen hat.
Wann muss ein Tunnel gebaut werden?
Bewertet wurde, ob aufgrund des Geländes oder wegen einer Lärmemission ein Tunnel notwendiger Weise gebaut werden muss. Das scheidet bei allen vier Varianten aus. Das Bauamt hat auch die Planungsziele hinterfragt, nämlich eine Trennung vom Ziel- und Quellverkehr (verkehrliche Beurteilung) und eine Entlastung der Stadt (raumstrukturelle Wirkung). Auch hier fallen die Alternativen durch, werden nicht den Ansprüchen gerecht. Bei der Bauweise und dem Ablauf der Baustelle seien ebenso die Beeinträchtigung der Anlieger und die Auswirkung auf die Stadt zu prüfen und beides spricht nicht für einen Ausbau im Bestand. Weitere Parameter waren der Naturschutz, die Beschaffenheit des Baugrundes (sicherheitstechnische Beurteilung), der Hochwasserschutz und die Kosten des Projekts. Alle Varianten einer Ortsumfahrung, einschließlich der genehmigten Variante Kirchholztunnel und Stadtbergtunnel liegen die Kosten zwischen 220 und 290 Millionen Euro. Einzig die Variante 1b mit ‚Ausbau im Bestand und einer einspurigen Tunnelröhre‘, liegt mit 160 Millionen an geschätzten Kosten deutlich darunter.
Sole aus 500 Metern Tiefe
Was die Grundwasserproblematik bei den alternativen Varianten ist die schwierige Geologie im Bereich das Kirchholz und einige unterstellen sogar eine Gefährdung der Solequellen. Baudirektor Christian Rehm und Bernadette Wallner vom Staatlichen Bauamt Traunstein schlossen das aber entschieden aus. „Die für Bad Reichenhall relevanten Solevorkommen sind mittels Bohrungen von 500 Metern Tiefe erschlossen. „Da steht eine 475 Meter starke Schicht als Grundwasserstauer darüber und die Bohrungen sind versiegelt. Das kann nichts passieren“, bekräftigt Christian Rehm. „Auch fahren wir mit dem Kirchholztunnel nicht im Grundwasser, sondern treffen auf Schichtwasser. Diese Probleme aber sind lösbar.“
Stadtrat entscheidet am 9. April

Die Stellungnahme des Staatlichen Bauamtes war eindeutig. Entscheiden aber muss der Stadtrat von Bad Reichenhall in seiner Sitzung am 09. April, ob er sich mehrheitlich für die Ortsumfahrung Kirchholz- und Stadtbergtunnel ausspricht. Dann, führt Christian Rehm aus, ist ein neues Planfeststellungsverfahren nötig. Dabei werden die Linienführung und die Konzeption der Knotenpunkte optimiert. Hoffnung macht er auf eine deutliche Reduzierung des Knotens am Golling. „Es müssen nicht alle Verkehrsbeziehungen in alle Richtungen erfolgen“, deutet er an. Für Oberbürgermeister Dr. Herbert Lackner ist die Beurteilung durch das Bauamt ein klares Signal sich für eine schnelle Realisierung der Ortsumfahrung Kirchholz- und Stadtbergtunnel einzusetzen.
Die gesamte Präsentation ist auf der Homepage des Bauamtes zu finden unter:
https://www.stbats.bayern.de/strassenbau/projekte/B16S.ABBA0022.00.html